Donnerstag, 7. Dezember 2017

Seepferdchen

Heute war ich schwimmen. Das habe ich mir einmal die Woche vorgenommen; mal schauen, ob ich wirklich dabei bleibe..

Jaja, und für alle Ungläubigen - das kann ich tatsächlich. Habe mit 5 Jahren mein Seepferdchen gemacht und tatsächlich immer noch nichts verlernt 👍 Zumindest als Paraplegiker funktioniert das gut. Ich kann zwar nur Brustschwimmen und das auch nicht besonders schön, aber das liegt nur wenig am Querschnitt :D

Jedenfalls tut mir Schwimmen ziemlich gut, weil ich meinen ganzen Körper gerade durch den Auftrieb im Wasser leicht bewegen kann.

Ich rollte heute also zum Becken, setzte mich auf den Beckenrand hinunter und schwamm einige Bahnen. So weit, so uninteressant. Mir entgegen schwamm immer wieder eine junge Frau, die mich ständig ansah und ich stellte mir schon vor, wie sie sich innerlich über meinen langsamen Schwimmstil in ihrer Bahn aufregte.
Wie recht oft, habe ich natürlich viel zu negativ gedacht - als ich am Ende der Bahn kurz Pause machte, sprach sie mich ganz schüchtern an und fragte, ob sie mir mal etwas sagen dürfte. Naja, na klar durfte sie. Sie sagte, dass sie es ganz toll fände, dass ich das mache und so selbstbewusst bin und ich ihren vollsten Respekt habe.

Ich habe mich darüber wirklich gefreut, wirklich. Sie war echt freundlich und es hat ihr sichtlich Überwindung gekostet, mich überhaupt anzusprechen.
Was mich daran allerdings traurig macht ist, dass man aufgrund solcher Aussagen erkennt, wie wenig Menschen mit Behinderung in unserem gesellschaftlichen Bild verankert sind. Ich habe diesen Satz bei Weitem nicht zum ersten Mal gehört und höre ihn immer wieder beim Feiern, beim Sport, sonst wo.

Ist es für "Gesunde" wirklich so unvorstellbar, dass Menschen im Rollstuhl ebenfalls ganz normalen Alltagsaktivitäten nachgehen und sich nicht zwangsläufig in ihre Bude zurückziehen?
Ich weiß auch, dass niemand absichtlich so denkt, aber ich würde mir wünschen, dass die Realität endlich mehr in den Köpfen der Menschen ankommt und man sich als Mensch mit Behinderung nicht immer irgendwie anders oder besonders vorkommen muss, wenn man einfach irgendetwas "Normales" macht.

Es gibt zu dem Thema schon zig andere Blogs von Menschen mit Behinderung; mein Blog ist da nichts Neues und wahrscheinlich machen das auch schon viele Andere viel besser und professioneller als ich. Aber ich denke, es gibt immer noch genug zu tun und hoffe immernoch, hiermit dem Einen oder Anderen mein stinknormales Leben mit Rollstuhl zeigen zu können, um immerhin die Perspektive einiger weniger Leute zu ändern.


Nachtrag: Als ich gestern Abend mal wieder an der Kasse des Schwimmbads meinen Eintritt zahlen wollte, stand ein kleiner Junge (vielleicht etwa 3 Jahre alt) neben mir, patscht mit seiner Hand ein paar mal auf meinen Oberschenkel und ruft durch den ganzen Vorraum total ungläubig "Maaaamaaa! Will die hier auch baden?!" - Selbst Kinder können es nicht fassen :D