Freitag, 29. März 2019

London Calling

Wie sich zeigt, bin ich echt schlecht darin, regelmäßig Blogeinträge zu schreiben. Da kündige ich lang und breit an, den Jakobsweg befahren zu wollen und nun kommt einfach nichts mehr. Das hat aber tatsächlich auch seine Gründe.

Der Freundin, die damals die Idee dazu hatte, ging es gesundheitlich ab Februar leider gar nicht gut. Praktika für die Uni mussten verschoben werden, die Zeit für drei  Wochen Portugal wurde knapp und überhaupt stand an vorderster Stelle erstmal ihre Erholung, weshalb an das Vorhaben Jakobsweg vorerst nicht zu denken war. Was aber nicht heißen soll, dass wir die Idee nun komplett abgeschrieben hätten. Es ist nur aufgeschoben, nicht aufgehoben.

Da wir uns vor dem anstehenden Semester aber trotzdem ein paar Tage in der Ferne gönnen wollten, schauten wir uns recht spontan nach günstigen Reisen in Europa um. Relativ unkompliziert entschieden wir uns für fünf Tage London. Der Flug war schnell gebucht, ebenso die günstige zentrumsnahe Unterkunft.

Tja, wie geht das denn nun eigentlich mit dem Fliegen, wenn man einen Rollstuhl benutzt? Ich gebe zu, da selbst noch nicht allzu viel Erfahrung zu haben. Seit ich im Rollstuhl sitze war ich jetzt erst in 2 Urlauben mit dem Flugzeug, aber 'nen kleinen Einblick konnte ich da natürlich schon gewinnen.

Auf jeden Fall muss man bei der Buchung Bescheid geben, dass man einen Rollstuhl benutzt und ob es sich um einen manuellen oder einen elektrischen Rollstuhl handelt. Bei manchen Airlines muss man die Hilfeleistung um in das Flugzeug zu gelangen nochmal separat anmelden und Maße und Gewicht des Rollstuhls angeben. In unserem Falle klappte das alles ganz unkompliziert und der Airline reichte lediglich die Anmeldung des Rollstuhls bei der Buchung. Wir mussten uns zwei Stunden vor Abflug am Flughafen melden und dann ging (zumindest auf dem Hinflug) alles seinen Gang. Beim Rückflug hatten wir im Nachhinein das Gefühl, die zuständige Dame hätte uns versehentlich eine falsche Zeit genannt, zu der wir uns am Gate einfinden sollten. Nach einigem Stress und viel Aufregung saßen wir aber trotzdem am Ende im richtigen Flugzeug. Wenn auch etwas verspätet..

In das Flugzeug selbst wird man entweder mit einem speziellen Stuhl, der die Treppenstufen "hochklettert" oder direkt mit einem Fahrzeug, dessen Hebebühne bis zur Flugzeugtür fahren kann, gebracht.
Da ich ja sechs helfende Hände bei mir hatte und mittlerweile recht geübt im Stufen überwinden und Treppen steigen bin, haben wir nicht explizit darauf geachtet, dass die Unterkunft barrierefrei ist. Die Hauptsache für uns war, dass sie zentrumsnah, günstig und einigermaßen gut bewertet ist. Sauber war sie leider nicht, es gab Mäuse & Läuse, aber wir haben es überstanden und für die vier Nächte war es auszuhalten. Irgendwo muss man ja Kompromisse eingehen :D 

Ab und an beschwere ich mich ja ganz gern über nicht barrierefreie Bahnhaltestellen oder kaputte Aufzüge.. jetzt wo ich London als Rollstuhlfahrerin kennengelernt habe, weiß ich die Barrierefreiheit in Deutschland doch sehr zu schätzen. Ein gefühlt wirklich geringer Bruchteil der U-Bahn-Stationen waren mit einem Fahrstuhl zu erreichen. Noch seltener kam es vor, dass man vom Bahnsteig stufenlos in die Bahn fahren konnte. Meistens bin ich die Treppen zu den Plattformen heruntergelaufen bzw. habe ich mich auf die Rolltreppe gestellt und jemand trug meinen Rollstuhl hinunter. Um in den Zug zu kommen musste mir dann natürlich ebenfalls geholfen werden. Hat man die Londoner allerdings um Hilfe gebeten, waren alle wirklich aufgeschlossen und direkt hilfsbereit.

Was in London meiner Meinung nach für Rollstuhlfahrer unkomplizierter ist als in Deutschland ist das Busfahren. Man betätigt einen Knopf und am Bus wird eine Rampe hinausgefahren, die sich an die Höhe der Haltestelle anpassen kann. Sofern der Busfahrer auch beim Aussteigen mitbekommt, dass man den Knopf für die Rampe gedrückt hat, ist Busfahren wirklich problemlos möglich. Und als Rollstuhlfahrer kostenlos (im Gegensatz zur U-Bahn)!

Alles in allem war es trotz kleinerer Schwierigkeiten gut möglich, die wichtigsten Sehenswürdigkeiten abzuklappern (auch wenn wir pro Tag auch etwa 11-15 km zu Fuß unterwegs waren, um von A nach B zu kommen). 

Wir haben uns ganz klassisch die Tower Bridge, die London Bridge, Westminster Abbey, den Hyde Park (+ Green Park, St. James Park, Holland Park - wir haben wohl ein Park-Faible) angesehen; ebenso den Kensington- und den Buckinghampalace. Ein Tagesausflug nach Oxford zu den gefühlt 72626 Colleges und ein Abend im Musical "Wicked" waren auch noch drin. Mit genügend English-Breakfast-Schwarztee war das ganze Programm auch gar nicht mal so anstrengend. Auf jeden Fall hat es sich total gelohnt :)