Montag, 17. September 2018

Natalie will dann mal weg..

Ich weiß noch nicht, ob ich mir wirklich darüber im Klaren bin, was ich mir da zumute, aber ich habe vor, im März mit ein paar Freunden den Jakobsweg zu gehen/fahren/rollen. Nicht aus religiösen Gründen, sondern einfach, um diese Erfahrung mal gemacht zu haben (und wozu hat man schon so lange Semesterferien..).

Sicher kann sich das erstmal niemand so richtig vorstellen; konnte ich mir anfangs (und vielleicht auch immer noch) auch nicht. Eine Kommilitonin hatte mich vor einer Weile angeschrieben und gefragt, ob ich denn nicht Lust hätte, sie zu begleiten. Ich dachte mir erstmal "Haha, cool, aber nee, geht ja nicht." und legte das Handy wieder weg. Irgendwie verließ mich der Gedanke daran aber den gesamten Abend nicht mehr und ich fand doch in den Weiten des Internets einige Rollstuhlfahrer, die das tatsächlich gemacht haben. Die meisten allerdings im Elektrorollstuhl; das ist ja schon nochmal 'ne andere Sache als so ein Aktivrollstuhl.

Nach einiger Recherche hat sich jedoch gezeigt, dass der Camino Portugues wohl als Rollstuhlfahrer machbar sein sollte. Ich habe ja sechs helfende Hände an meiner Seite und denke, dass Hindernisse, die die Wegbeschaffenheit betreffen, somit lösbar sind.

Einige Berichte und Bücher über Rollstuhlfahrer, die den Weg hinter sich haben, habe ich mir schon durchgelesen (und seitdem habe ich richtig Blut geleckt) und nun geht es an die richtige Vorbereitung.

Das erste - und größte - Problem wäre der geeignete Rollstuhl. Mein mühsam 'erbettelter' Kassenrollstuhl ist mir für die Strapazen dann doch etwas zu schade. Ich möchte ihn nicht schon im ersten Jahr schrotten. Der alte Rollstuhl, den mir die Kasse damals bezahlt hatte, hat zwar praktische Schiebegriffe, aber ist wahnsinnig schwer und für längere Strecken zum Selbstfahren überhaupt nicht zu gebrauchen. Bleibt nur noch mein selbst gekaufter gebrauchter Aktivrollstuhl, der quasi das leicht heruntergekommene Vorgängermodell meines jetzigen Rollstuhls darstellt. An sich kann ich mir vorstellen, dass der Stuhl mich auch treu durch derartige Strapazen trägt, aber er hat leider keine Griffe, die bei unwegsamen Böden jedoch nützlich sein könnten. Vielleicht kann mir die nachträglich jemand anschweißen oder so? Ich habe echt keine Ahnung davon und gehe wohl etwas blauäugig an die Sache ran, aber mal sehen ob sich da was machen lässt.
Die nächste Sache sind die Reifen. Die sollten schon gut stabil sein und über einen Pannenschutz verfügen. Die müsste ich dann auch noch organisieren und aufziehen lassen, was sicher nicht ganz billig wird.
Die letzte Alternative, die meiner Mama einfiel: einen Rollstuhl leihen. Aber kann man das überhaupt irgendwo machen? Würde ich einen geeigneten Stuhl finden, der mir dann auch noch passt? Und ist der Leihende bereit, das Risiko einzugehen, dass das Gefährt danach kaputt ist? Ich bin da noch ziemlich skeptisch.

Des Weiteren bin ich krankheitsbedingt auf eine nicht gerade kleine Masse an medizinischem Kram angewiesen. Das Gepäck müssten dann teilweise auch meine Freunde mitschleppen :/

Diese Punkte muss ich in nächster Zeit erstmal klären, bevor ich überhaupt einen Flug buche.

Und gute Handschuhe brauche ich! Die eine oder andere Blase an den Händen werde ich sicher bekommen, aber allzu große Wunden würde ich da schon gern verhindern. Und eveeeentuell sollte ich in den kommenden Monaten mal meine Fitness etwas trainieren. 240 km durch Portugal und Spanien werden sicher kein Spaziergang...

Donnerstag, 6. September 2018

Lieber Dr. Sommer...

Mal ein recht intimes Thema. 
Keine Ahnung, ob ich den Eintrag überhaupt veröffentliche (offensichtlich schon, aber es ist mir echt ein bisschen peinlich). Ich habe Liebeskummer. Obwohl Liebeskummer das falsche Wort ist. Mein Hirn von dieser fälschlichen Illusion, die ich mir da aufgebaut habe zu lösen, kostet Zeit, Nerven und hin und wieder ein paar Tränen. Ganz dramatisch, ich weiß, #firstworldproblems. Entgegen der weit verbreiteten Annahme, meine Querschnittlähmung würde mich am ehesten traurig machen, nehmen mich solche Angelegenheiten viel mehr mit. Auch wenn das natürlich blödsinnig ist.

Das Thema Rollstuhlfahrerin und Beziehung/Männer/Liebe/wasauchimmer scheint viele zu interessieren. Jedenfalls wird mir von Fremden öfter mal die Frage gestellt, ob ich jemals in einer Beziehung war und die meisten gehen automatisch davon aus, dass ich keinen Freund habe. Was soll ich sagen, stimmt auch.

Und zunehmend mache ich mir Gedanken, ob das der Tatsache geschuldet ist, dass ich im Rollstuhl sitze. Nun, sie wird einiges dazu beitragen, so viel ist sicher. Ich glaube nicht, dass sich jemand schnell in mich verlieben könnte. Für die meisten Menschen wirkt der Rollstuhl da sicherlich als Bremse. Ich bin nicht hässlich, nicht doof, aber trotzdem bleibt immer dieses Manko. Mir ist klar, dass derjenige meine Situation nicht als Manko sehen sollte, aber ich kann keinem Menschen abverlangen, dass er es nicht tut (ich selbst finde ja schon viel harmlosere Dinge attraktivitätsmindernd - z.B. wenn ein Typ "attraktivitätsmindernd" sagen würde).
Jaja, man kann sich dran gewöhnen und es gibt sicher Schlimmeres, als meine zugegebenermaßen geringe Einschränkung. Aber wenn jemand die Wahl zwischen mir und einer ähnlich attraktiven, charakterlich passenden aber gesunden Person hat, ist doch klar, wen er wählt.

Ich will hier gar nicht jammern und weiter im Selbstmitleid baden, aber das beschäftigt mich momentan wirklich ziemlich. Vielleicht schiebe ich meine Behinderung aber auch einfach vor, weil ich mir nicht eingestehen kann, vielleicht nicht unbedingt den angenehmsten Charakter in einer Beziehung zu haben, wer weiß. Und vor allem, weil ich nicht wahrhaben will, dass mich manche Menschen eben doch nicht so toll finden wie ich sie. Und dass wir eben doch nicht so zusammenpassen, wie ich mir das ausgemalt habe. Die Überlegung, es aufgrund meiner Situation schwerer zu haben, irgendwann mal 'nen Kerl zu finden macht es nicht einfacher, über sowas hinweg zu kommen.

Klar, ich bin 20 und habe schon noch genug Zeit für sowas, aber seine Gedanken macht man sich ja nun mal, ne?
Und ja, ich weiß dass es ganz viele Leute gibt, die aaaabsolut kein Problem damit haben, dass ich im Rollstuhl sitze - aber so jemanden will ich nicht. Jetzt bin ich auch noch wählerisch, schon klar. Kann ich mir eigentlich gar nicht leisten. Aber so jemand würde nicht zu mir passen. Denn ich hätte, wäre ich gesund, definitiv erstmal Vorurteile und würde es nicht in Erwägung ziehen, mit einem Rollstuhlfahrer zusammen zu kommen. Wenn sonst alles stimmen würde und ich die gar nicht so sonderbare Situation erstmal angenommen hätte, würde ich damit allerdings sicher auch als 'Gesunde' kein Problem haben. 

Klingt ganzschön durcheinander, macht für mich aber Sinn. Nein, ich möchte niemanden, der von Anfang an betont, damit kein Problem zu haben; der am besten noch ein ausgeprägtes Helfersyndrom hat und im schönsten Fall schon mal im Krankenhaus gearbeitet hat und sich daher 'mit Rollstühlen super auskennt'. Nene, so verzweifelt bin ich dann doch noch nicht.
Ich weiß auch gar nicht, was ich mir davon verspreche, solch emotionalen Mädchenkram hier in alle Welt zu tragen, aber vielleicht schadet's ja nicht, sich das eine oder andere schwarz auf weiß vor Augen zu halten.

Ich glaube, ich weiß die Antwort selbst schon fast. Ich sollte mich weniger selbst bemitleiden und einfach mal abwarten - Natalie, mach dir nicht so 'nen Kopp! Ha, wenn das mal so leicht wär.

Samstag, 1. September 2018

Der Neue

Seit Anfang Juni darf ich einen neuen Rollstuhl mein Eigen nennen. Ja okay, eigentlich gehört er der Krankenkasse, aber die war jetzt so freundlich, mir einen gut auf mich angepassten Rollstuhl zu bezahlen. Glücklicherweise wurde mir ein Sanitätshaus empfohlen, dass offensichtlich viel Ahnung von der Materie hat. Ich wurde schon bevor wir den Stuhl überhaupt beantragt haben und ich mich nur vorab informieren wollte super umfangreich beraten. Ab dem Termin hat es locker ein halbes Jahr gedauert, bis ich den Rollstuhl dann wirklich unter meinem Hintern hatte, was aber nicht am Sanitätshaus lag..

Aber - was lange währt, wird ja bekanntlich gut. Ist auch so, ich bin richtig zufrieden. Neue anatomisch geformte Greifreifen mit rutschfester Gummilippe und eine anatomisch angepasste Rückenbespannung sind meine neuen Errungenschaften. Endlich rutschen die Reifen bei Regen nicht einfach ohne Grip durch die Hand und ich sitze nicht mehr so schnell schief. Was will man mehr? Leicht ist er auch und dazu noch schön dezent schwarz. Abklappbare Griffe runden das Ganze ab. Der Rollstuhl, den ich mir vor etwa zwei Jahren selbst gebraucht kaufte, um einen zu haben, den ich in mein Auto bekomme, hatte keine Griffe und das hat bei der einen oder anderen unwegsamen Strecke schon gefehlt.

Also was Rollstühle angeht, bin ich aktuell rundum gut versorgt. Ich hoffe meinen alten Faltrollstuhl noch zum Handbike-Fahren behalten zu dürfen. Der Adapter dafür passt nämlich nur an diesem Stuhl. Aber bisher ist das der Krankenkasse wohl noch nicht aufgefallen oder sie wollen den Rollstuhl eh nicht mehr zurück. Er ist ohnehin schon recht zerschunden. Jetzt wurde er ja echt gut abgelöst.

Dass ich mich eines Tages mal so über einen Rollstuhl freuen könnte, hätte ich ja im Leben nicht gedacht.