Montag, 22. Juni 2020

Wind um Nichts?

Momentan plagt mich Unsicherheit bezüglich meines Studiums. Nicht, was das Fach selbst angeht - damit bin ich nach wie vor absolut glücklich und würde nicht mehr tauschen wollen. Allerdings rückt mit dem im letzten Jahr begonnenen klinischen Abschnitt des Studiums auch die Praxis immer näher und im selben Takt wächst meine Angst vor ... ja, wovor eigentlich? 

Am besten beschreiben kann man es wohl als diffuses Bedenken vor Komplikationen, die der Rollstuhl bzw. meine Behinderung im Hinblick auf meinen Werdegang als Medizinstudentin haben könnte. Es gibt sie zwar, die Ärzte im Rollstuhl, aber noch hat das nicht jeder auf dem Schirm und ich habe das Gefühl, mir eine dickere Haut zulegen zu müssen, falls ich im Klinikalltag vermehrt auf Skepsis bezüglich meiner Fähigkeiten treffen sollte. 
Erst kürzlich habe ich mich für eine Famulatur (= Praktikum im Medizinstudium) in der Klinik für Anästhesie & Intensivmedizin eines mittelgroßen Krankenhauses beworben und mit einem recht ratlosen Chefarzt telefoniert, der sich nicht wirklich vorstellen konnte, wie ich auf Station tätig werden könnte. Mein Problem: Ich kann es ihm ja auch nicht erklären, weil ich bisher noch nicht dazu gekommen bin, das alles entsprechend auszuprobieren. Und ein allgemeingültiges Rezept a la "so geht Arzt/Medizinstudent sein im Rollstuhl" gibt es ja leider auch nicht. Ehrlich gesagt habe ich mir vor der Bewerbung in diesem konkreten Fall noch gar keine Gedanken darüber gemacht. Ich habe einen Kommilitonen, der selbst vor kurzem Praktikum auf der ITS gemacht hat gefragt, ob er mir die Fachrichtung für eine Famulatur empfehlen kann und hatte dabei eigentlich nur mein noch sehr begrenztes fachliches Wissen im Hinterkopf bis er von sich aus sagte, dass er nicht wisse inwiefern der Rollstuhl ein Problem darstellen könnte. 
Der Chefarzt hat dann netterweise vorgeschlagen, mir vorab einmal die Gegebenheiten vor Ort zu zeigen und ein persönliches Gespräch zu führen um herausfinden zu können, ob ein Praktikum auf der ITS für jemanden wie mich überhaupt einen Lerneffekt haben kann. Ich bin ziemlich aufgeregt davor, einerseits weil ich mich ohnehin ständig zu dumm für dieses Studium fühle (ich glaube das Gefühl geht nie weg) und andererseits weil ich Angst habe, eine Absage zu erhalten. Das würde ganzschön an meinem sorgsam aufgebauten Selbstbewusstsein nagen. Eigentlich sollte ich mir darüber jetzt noch gar keine Gedanken machen, vielleicht wird's ja alles ganz nett und unkompliziert. Aber ich möchte eben nicht schon im ersten Gespräch absolut inkompetent und naiv herüberkommen, wenn sich zeigt, dass ich selbst nicht mal 'ne Ahnung habe, wie das Ganze klappen soll. Aus dem OP hat er mich schon am Telefon mit den Worten "OP geht ja selbstverständlich nicht, das ist ja klar" ausgeschlossen und ich war zu verdutzt und aufgeregt um zu erzählen, dass ich in einer anderen Klinik bereits in den OP-Saal durfte. Zum Zuschauen bei einer OP, die ein Oberarzt mit Querschnittlähmung durchführte. Ok, da könnten auch hygienische Aspekte eine Rolle spielen. In dem anderen Krankenhaus hatten der Oberarzt und ich Rollstühle, die im OP-Bereich blieben und auch entsprechend gereinigt wurden; so etwas geht bei einer zweiwöchigen Famulatur natürlich nicht. 

Letztendlich habe ich auch die Befürchtung, weniger zu lernen als "gesunde Kommilitonen", weil mir weniger zugetraut wird und ich eher diejenige bin, die einfach nur zuschauen soll. Ich denke nur vom Zuschauen wird aber niemand Arzt und deshalb ist da wohl meine eigene Initiative gefragt, was wiederum Mut erfordert, den ich mir noch ein bisschen zureden muss. 
Trotz allem gibt's natürlich auch Positiv-Beispiele in Form von Ärzten, die es für ganz selbstverständlich ansehen, dass auch ich dasselbe Fach wie sie studieren kann und mir auch nach dem Studium viele Möglichkeiten offen stehen (So weit muss ich erstmal kommen..). 
Naja, abwarten, ich hoffe, dass ich einfach nur ein bisschen zu viel Wind um Nichts mache und sich doch alles etwas einfacher bewerkstelligen lässt, als ich es mir vorstelle. Immerhin sind Krankenhäuser barrierefrei, yeah.

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